Chi, Chi, Chi – le, le, le – Viva Chile!

Ein trauriger Blick zurück. Jeannet steht vor dem Check-In und weint mit rot unterlaufenen Augen. Ich winke ein letztes Mal und verschwinde dann um die Ecke. Auch mir kullern warme Tränen über die Wangen, die ich mir mit dem Ärmel vom Gesicht wische. Betröpfelt reihe ich mich in die Schlange ein und besteige den Flieger. Wir verabschieden uns in unterschiedliche Richtungen im Leben. Ich bin jetzt fast 25. Seit dem Mauerfall hatte ich nur herumgelungert und mich mit Nebenjobs über Wasser gehalten. Eine innere Stimme sagte mir, dass ich endlich einmal etwas Sinnvolles anpacken müsse. Doch was, wann und wo? Spontan hatte ich mir einen Flug nach Santiago de Chile gebucht. Auf dem Ticket schien „Ausgang aus der Verwirrung“ zu…

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Hier kommt Herr Alex (!) Schalck-Golodkowski – Kindheit in der DDR

Ich liebe meine Mutti. Bis ich mir mit 19 meine erste eigene Wohnung suchte, zog sie die Fäden in meinem Leben. Nach einer 42-Stunden-Woche wusch sie die komplette Wäsche, bügelte, kochte, reinigte die Wohnung, schmierte uns die Stullen und reihte sich freitags in die Schlange beim Fleischer ein. Sie kaufte unsere Lebensmittel, kümmerte sich um die Finanzen, beantragte den Telefonanschluss, organisierte die Anmeldung für den ersten Trabi und die Urlaube in FDGB-Ferienheimen. Sie ging zu Elternabenden und ließ uns abends ein Wannenbad ein, begleitete uns zur FDJ-Aufnahme und zum Frisör. Meine Mutter war das mit Abstand wichtigste aller Familienmitglieder; das wollte ich an ihrem 70. Geburtstag würdigen. Doch reichten diese Informationen für eine vernünftige Rede aus? In unserem alten Kinderzimmer…

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Kriegsende vor 70 Jahren – Alles ganz simpel

Anfang Februar 1945 war ich nach einem fast zweijährigen Marsch gen Westen mit meiner Kompanie in der Nähe von Namslau in Niederschlesien angekommen. Wenn meine Söhne später bei Wanderungen jammerten und fragten wie weit es noch wäre, habe ich immer mit „ein Katzensprung“ geantwortet und ihnen erzählt, dass ich schon einmal von Demjansk in Russland bis an die Oder gelaufen bin. „Und die Russen sind gerannt“, war damals ein geflügeltes Wort in unserer Truppe, „und wir immer vor ihnen her!“ Unsere Erwartungen auf einen Sieg waren nach zwei Jahren selbst erfahrener Schlachten weit unter den Nullpunkt gesunken. Ich erlebte diesen Feldzug fast ausschließlich als Rückzug durch zerstörte Dörfer und Städte. Das EK II, EK I und das Infanterie-Sturmabzeichen bekam ich…

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All die hübschen Frauen – Willkommen in Chile!!!

Am Busbahnhof lasse ich mir ein letztes Mal die schwarzen Docs wienern. Göte sitzt auf einem hohen Stuhl nebenan und ein älterer Mann rubbelt, während er Zeitung liest, an seinen Adidas herum. La Paz ist eine Schuhputzerstadt, denn an jeder zweiten Ecke werden wir darauf hingewiesen, dass es mal wieder Zeit für eine Politur wäre. Es ist eher eine freundliche Geste, denn so landen wenigstens ein paar Bolivianos bei denen, die es nötig haben. „Eh Scheppert. 4:1 gegen Spanien“, ruft mir Göte zu. „Zweimal Scholl und zweimal Zickler.“ Es ist das erste deutsche Match unter Rudi Völler und ich bin überrascht, dass europäische Freundschaftsspiele hier in der Zeitung stehen. „Das ist unsere Tante Käthe!“, rufe ich rüber. Göte nickt. Wir…

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Free German Youth Lessons – „Generation Wall“ by Mark Scheppert

In spring 2008 Sylvie’s brother visited us together with his girlfriend in Berlin. These two are very pleasant visitors. We don’t have to entertain them at all. No cultural programme to arrange, no endless thinking which historic sites of the capital they don’t know yet. We didn’t even have to buy the current city magazines to search for the latest musicals, movies or theatre plays. Andi and Kati are interested in... nothing. Very pleasant, as I said! They both were born in the south west of Germany, in the so called Pfalz, like my Sylvie. This is obviously one reason why they often pelt me with questions about my East German youth for hours. Thus, I wanted them to soak…

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Torres del Paine – Türme der Schmerzen in Chile

Ich habe mich mit meinem Vater nie groß über Frauen unterhalten. Mir wäre das eher unangenehm gewesen und was wusste er schon vom Leben in der heutigen Zeit. Dennoch ist mir ein Satz in steter Erinnerung geblieben: „Du wirst erst herausbekommen, ob jemand wirklich zu dir passt, wenn ihr gemeinsam auf Reisen gegangen seid.“ Ich ahnte, was er meinte. Fernab der behüteten Heimat war es plötzlich vorbei gewesen mit der Harmonie und Eintracht. Erst unterwegs hatte ich oftmals bemerkt, mit was für einer Frau ich mich da eigentlich eingelassen hatte. Im September 2002 ist es dann endlich soweit. Ich habe sie mit dem Südamerika-Virus infiziert. Die drei Wochen Chile-Urlaub sind der große Sylvie-Test! Gut gelaunt besteigen wir nach zwei Nächten…

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Made in GDR – Vorsprung durch Technik! – Jugend in der DDR

Wir sind die einzig wahren Kinder aus Zone Ost. Die Generation unserer Eltern kannte noch den Ku'damm, wohin sie heimlich mit der U-Bahn ins Kino gefahren waren. Sie hatten einen kurzen Blick in den Westen erhaschen können, einen kleinen Vergleich gehabt. Wir nicht. Sie haben uns in eine von ihnen erschaffene DDR hineingeboren, und wir mussten nun staunend zuhören, wenn sie aufgeregt ihre abenteuerlichen Geschichten vom Bahnhof Zoo zum Besten gaben. Wir marschierten an einer von ihnen erbauten Mauer vorbei und drückten uns nicht an riesigen Schaufensterscheiben die Nase platt. Im Alter von sieben Jahren malte ich Bilder, welche die Überschriften "Waffenbrüderschaft" und "Ich will Kosmonaut werden" und nicht "Urlaub in Spanien" oder "Meine Katze Ricky" trugen. Vom ersten Schultag…

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Ausfahrt ins Dynamo-Dresden-Land – Kindheit in der DDR

Anfang August 1971 standen eine hübsche Frau aus Sachsen und ein junger Mann aus Sachsen-Anhalt glücklich vor der Notversorgungsanlage im Krankenhaus in Berlin-Mitte und schauten auf ein komisch gefärbtes Kind. Eine Woche musste ich dort als das "blaue Baby" im Sauerstoffzelt liegen, weil ich mir die Nabelschnur um den Hals gewickelt hatte. In meinem Ausweis steht als Geburtsort Berlin, tatsächlich aber bin ich ein sächsisch-anhaltinischer Berlin-Mischling. Pfui! Im Kindergarten, spätestens jedoch in den ersten Schuljahren lernten wir Kinder eines: Berliner sind die Allergrößten, und besonders Sachsen sind das genaue Gegenteil. Bereits mit sieben Jahren lagen wir vor Lachen im Dreck, als wir erfuhren, dass "Nuklear" auf Sächsisch "Na klar" heißt. Die Sachsen konnte man einfach nicht ernst nehmen. Komisch sprechende…

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Murmeln des Teufels – Outback Australien

Seine Sicht: Die Stimmung im Bus könnte besser nicht sein. Bei lauter Musik tuckern zwei glückliche Menschen gen Norden und stoppen nach 300 Kilometern in Wauchope. Der Campingplatz des Zwölf-Seelen-Kaffs mit angeschlossenem Pub ist gemütlich und wir amüsieren uns köstlich über den Papagei, der in einem Hof mit rosa blühenden Oleanderbüschen auf einer Stange sitzt. Dort fragt der Barbesitzer, ob wir schon am unweit gelegenen Naturwunder gewesen sind und überzeugt uns dann, dies sofort nachzuholen. Im warmen Licht der späten Nachmittagssonne erreichen wir die „Murmeln des Teufels“. Riesige, bis zu drei Meter hohe, orangefarbene Steine liegen wie hingeworfen inmitten in der platten Landschaft. Einige von ihnen sind fast kreisrund, andere etwas abgeflacht und ein ovaler Monsterball steht senkrecht auf seiner…

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Mauergewinner! – Jugend in der DDR

Obwohl man es meinem Vater, der Kugel, nicht ansieht, widmete er sein Leben dem Sport. Bereits als Kind wurde er in Halle an der Saale von Funktionären gesichtet und zur Kreis-, Kinder- und Jugendsportschule (KJS) nach Berlin delegiert. Er wurde Juniorenmeister im Speerwerfen und spielte besser Fußball als mancher DDR-Oberligaspieler. Nach dem Diplom als Sportlehrer wurde er Funktionär für Radsport und Schwimmen. In einem Land, in dem der geförderte Leistungssport eine übergeordnet große Rolle spielte, waren mein Bruder Benny und ich also geradezu prädestiniert, in die angesehene Sportelite unseres Landes aufzusteigen. Was soll ich sagen? Natürlich fielen auch wir nicht durch das engmaschige Netz der systematischen sportlichen Beobachtung. Bereits im Kindergarten erkannten Sichtungstrainer mein Ausnahmetalent: Sie schickten mich zum Eiskunstlaufen!…

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