Kolumbien – Wenn dein Herz brennt

Im Fischerörtchen Taganga an der Karibikküste Kolumbiens treffen wir eine Spezies, der wir aufgrund unserer Reiseroute lange erfolgreich aus dem Weg gegangen waren. Es sind nicht nur fünf oder sechs Leute, sondern regelrechte - vorzugsweise englisch, hebräisch und französisch sprechende - Backpackerhorden. Alle Hotels direkt am Strand sind von ihnen blockiert und stylishe Typen und gackernde Bikini-Püppchen beobachten hinter schwarzen Marken-Sonnenbrillen, unsere Suche nach einem geeigneten Quartier. Für die globalisierte Gemeinschaft der „Lonely Planet Generation“ scheint dieser Ort der Endpunkt ihres Südamerika-Kreuzzuges zu sein, denn tatsächlich liegen auch zwei Schottinnen im Sand, die wir zuletzt kotzend in Nordargentinien gesehen hatten. Sie wären seit Monaten mit der gleichen Truppe unterwegs gewesen, berichten sie stolz, und sind nach Bolivien, Peru und Ecuador…

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Backpackerscheiße – Willkommen in Bolivien

Kurz vor der Grenze pfeffert Jenna den Sack mit den Kokablättern aus dem Busfenster. Wir hatten herausgefunden, dass man die Dinger zunächst kauen und dann, zusammen mit einem Kalkstein, in der Backe parken musste, um die Sauerstoffaufnahme zu verbessern. Besonders Jenna kaute, parkte und vertrug die Höhe trotzdem nicht. Vielleicht war es ganz gut, ohne das Zeug einzureisen, denn böse drein schauende peruanische Grenzer filzen uns akribisch. Auf der anderen Seite begrüßen uns freundliche bolivianische Wachsoldaten und machen deutlich weniger Stress. In einem Collectivo fahren wir weiter und stellen bereits auf den ersten Kilometern fest, dass dieses Land wesentlich beschaulicher zu sein scheint. Es sind kaum Autos unterwegs und nur wenige Häuser säumen den Straßenrand. Unser Gefährt tuckert gemächlich durch…

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Generation Jan Ullrich – Tour de France 1997

I know him, but he doesn’t know me. We grew up at the same time and are nearly the same age. He is a star and I am a nobody. This is a very common sentence when we see all these famous people on television, in the movies or in sports competition broadcasts. But in my case it was a little bit different, more complex, tragic and maybe even a little bit touching. In our early youth Jan and I met for the first time. My mother is quite scared of nearly everything. I can’t remember how often we were screamed at when we just stood kneedeep in the Baltic Sea, how often she instructed us – up until adult…

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Auf echt gute Freunde – Venezuela 1998

... ein rostiger Seelenverkäufer bringt uns nach Puerto la Cruz und mit einem Colectivo fahren wir in das Geheimtipp-Örtchen. Wir werden nicht enttäuscht! Santa Fe ist ein karibischer Traum und wir sind zusammen mit zwei süßen Mädels aus Mainz und Worms die einzigen ausländischen Touristen. Wir finden eine gemütliche Posada und trinken eisgekühlte Cocktails in einer Bar, die mitten auf dem Strand steht. Genau der richtige Flecken Erde, um den Urlaub ausklingen zu lassen. Mit einem Fischerboot lassen wir uns auf eine Insel des Mochima Nationalparks schippern. Eine Delfinfamilie begleitet schnatternd unseren Weg und als wir das Eiland betreten, wissen wir, dass wir nun endgültig im grün-weiß-blauen Paradies gelandet sind. Große Kokospalmen werfen Schatten auf pulvrigen Sand, der in kristallklarem…

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Fußball-Prophezeihungen im Jahre 1994 – Fußball-WM in Mexiko

‚Die spinnt doch komplett, die alte Hexe. Das hatte sie doch bestimmt beim Fußball gesehen und will nun die Gringos damit erschrecken.’ Das alte Mütterchen schaut mich mit milchigen Augen an und verlangt das Geld. Ich schmeiße ihr den Peso-Schein wütend vor die Füße und drehe mich um. Jeannet steht neben mir. Dicke Tränen kullern über ihre Wangen, während ich sie in Richtung Ausgang ziehe. Eigentlich hatte ich mir etwas Positives davon versprochen - eine aufmunternde Geste, eine Aussage, die uns erheitern soll - doch genau das Gegenteil war eingetreten. Bloß weg hier. Meinen ersten großen Urlaub mit Jeannet wollte ich 1994 wieder im Land meiner Träume verbringen. Ich hielt das zunächst für ein typisches Ossi-Ding, bis ich begriff, dass…

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Angst vor Italien-WM 2006 in Brasilien

Hohe Wellen türmen sich vor mir auf und plötzlich springen zwei Delfine über die Schaumkronen. Langsam kommen sie mir entgegen geschwommen und lassen sich schließlich sogar berühren. Ein Glücksschauer läuft mir über den Rücken, als meine Hand über ihre elastische Haut gleitet. Ich hatte das immer als Unsinn abgetan, doch die beiden scheinen mich tatsächlich anzulächeln. Selbst als ich längst mit einer Zigarette am Strand sitze, strecken sie uns vergnügt die Köpfe entgegen. Sylvie legt einen Arm um mich. Unsere Zehen berühren die angespülte Brandung. Gebannt schauen wir aufs Meer und beobachten das einmalige Schauspiel. Ich weiß in diesem Moment: So glücklich werde ich nie mehr im Leben - vor einem WM-Halbfinale mit deutscher Beteiligung - sein. Niemals! Wir verlieben…

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Deutschland vs. Algerien mit Hausmeister Krause – WM 2014

Im Vorfeld der WM 2014 gab es in Brasilien in vielen Orten massive und zum Teil gewalttätige Proteste gegen die allgegenwärtige Korruption, gegen Kinderarmut, Arbeitslosigkeit, Misswirtschaft und soziale Ungerechtigkeiten. Mit Anpfiff der Spiele hatten sich die Demonstranten eine Pause verordnet - das große Volksfest mit Menschen aus aller Welt war ihnen dann doch wichtiger. Kurzzeitig. In Belem werde ich jedoch sofort daran erinnert, worum es den gastfreundlichen Menschen eigentlich ging, denn die Stadt im Nordosten des Landes ist ein abgeranztes, muffiges Rattenloch und wirkt wie eine überdimensionale Favela. Von der lieblichen „Stadt der Mangobäume“ mit fantastischen Prachtbauten - wie es im Reiseführer heißt - keine Spur. Die größtenteils dunkelhäutigen Bewohner wirken seltsam traurig und vom Leben ernüchtert. Belem war leider…

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Das schnellste Faultier der Welt – WM 2014

Aua! Am nächsten Morgen geht es mir gar nicht gut. Sylvie weckt uns rabiat: „Steht auf ihr versoffenen Ärsche“, ruft sie grimmig. „In einer halben Stunde müssen wir aus dem Zimmer sein“. Dann ist es 11 Uhr. Nach nur vier Stunden Schlaf. „Außerdem fahre ich jetzt mit den anderen an den Strand und will euch bis 16 Uhr nicht mehr sehen. Ihr seid ja vielleicht zwei Kranke!“ Wir hatten bei unserer Rückkehr wohl ziemlich randaliert und sie mehrfach euphorisch aufgefordert, mitzufeiern - erfahre ich am Nachmittag, als sich die Wogen allmählich wieder geglättet haben. Bis dahin esse ich mit rebellierendem Magen 120 Gramm leichte Kost in einem Kilo-Restaurant und lungere mit Erni im Schatten einer Palme am Stadtstrand herum, wenngleich…

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Halbgare Gürteltiere in Tikal – Guatemala zur WM 2002

„Wisst ihr eigentlich, wo das Abflussrohr endet?“, brüllt uns Jenna vom Steg aus zu. „Dort, wo ihr gerade schwimmt!“ Wir zeigen ihm ein Fuckoff und gleiten weiter über den malerischen See. Der Lago de Peten-Itza ist kilometerlang, das wird sich schon einigermaßen verteilen. „Ich war aber gerade auf dem Klo!“, fügt unser Freund lachend hinzu. Göte und ich paddeln merklich schneller in Richtung der Seerosen. Flores liegt auf einer kleinen Insel und ist nur durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Obwohl sämtliche Spuren der ehemaligen Maya-Bewohner vernichtet wurden, ist es wunderschön. An den schmalen, gepflasterten Straßen haben sich kleine Hotels und Restaurants angesiedelt und der Hauptplatz mit der Kirche liegt auf einem Hügel im Zentrum. Miguel hatte uns vor…

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Europameister Dänemark? Fussball-EM 1992

„Wart ihr denn schon im Aztekenstadion?“, brüllt mein Vater in den Hörer. Obwohl ich sofort verneine, plappert er einfach drauflos und erzählt vom EM-Halbfinale, das vor zwei Tagen stattgefunden hatte. Endlich hätten die mal vernünftig gespielt und wären durch das 3:2 ins Finale gegen Dänemark eingezogen. „Häßler und zweimal Riedle“, berichtet er, als ob das für mich eine Rolle spielt. „Danke Alter, aber eigentlich wollte ich euch nur sagen, dass ich gut angekommen bin!“ Erstmals wird mir bewusst, wie gerne mein Vater zur Fußball-WM 1986 nach Mexiko gefahren wäre. Doch den göttlichen Maradona einmal live im Aztekenstadion zu sehen, war ihm nicht vergönnt gewesen. Der Mauerfall kam für ihn ein paar Jahre zu spät. Mit einem grün-weißen Käfer-Taxi geht es…

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