Benny eiskalt – aus dem Buch „Leninplatz“

Am 24. März 1986 sitze ich mit den Jungs in unserem Alfclub. Plötzlich stürmen Henry und Daley zur Tür hinein. „Kinder haben hier gar nichts zu suchen“, brüllt ausgerechnet Bommel, der einen halben Kopf kleiner als die beiden ist. Es sind Bennys beste Kumpels, die zwei Jahre jünger sind als wir. Daley wird in Anlehnung an Daley Thompson – den schwarzen Zehnkämpfer – so genannt, weil seine Haut kreideweiß wie ein nagelneues Pionierhemd ist. Doch auch der sonst so quirlige Henry hat gerade keine gesunde Gesichtsfarbe. „Mark, deine Keule ist verschwunden!“, ruft er mir aufgeregt zu. Es ist 19 Uhr und schon dunkel draußen, aber längst kein Grund zur Beunruhigung. „Wann habt ihr ihn denn das letzte Mal gesehen“, antworte…

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Abhängig – Jugend in der DDR

Es gibt ein bemerkenswertes Foto von mir und meinem stolz auf mich herabschauenden Vater, auf dem ich aus einem Halbliterglas genüsslich Bier trinke. Auf dem Bild bin ich drei Jahre alt. Meine Mutter steht nicht dabei, ist aber auch nicht die Fotografin, und ich weiß, dass sie das nicht besonders witzig gefunden hätte. Doch bereits einige Jahre später war sie es wiederum, die uns zu jeder größeren Feier und am Silvesterabend „mal“ am Eierlikör nippen ließ. Ich erlebte eine typische DDR-Kindheit und kam, obwohl mir Alkohol lange Zeit überhaupt nicht schmeckte, sehr früh damit in Berührung. Im Herbst 1985 schlenderte Didi mit einem riesigen West-Doppelkassetten-Rekorder an die „Platten“. Das Ding war gefühlt einen Meter lang, 20 Zentimeter hoch und hatte…

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Mauergewinner! – Jugend in der DDR

Obwohl man es meinem Vater, der Kugel, nicht ansieht, widmete er sein Leben dem Sport. Bereits als Kind wurde er in Halle an der Saale von Funktionären gesichtet und zur Kreis-, Kinder- und Jugendsportschule (KJS) nach Berlin delegiert. Er wurde Juniorenmeister im Speerwerfen und spielte besser Fußball als mancher DDR-Oberligaspieler. Nach dem Diplom als Sportlehrer wurde er Funktionär für Radsport und Schwimmen. In einem Land, in dem der geförderte Leistungssport eine übergeordnet große Rolle spielte, waren mein Bruder Benny und ich also geradezu prädestiniert, in die angesehene Sportelite unseres Landes aufzusteigen. Was soll ich sagen? Natürlich fielen auch wir nicht durch das engmaschige Netz der systematischen sportlichen Beobachtung. Bereits im Kindergarten erkannten Sichtungstrainer mein Ausnahmetalent: Sie schickten mich zum Eiskunstlaufen!…

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