Foto: Sportverlag Berlin
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(Leseprobe aus: „Alles ganz simpel“)
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…mein Sohn Klaus sollte 1958 zunächst an die KJS (Kinder- und Jugendsportschule) in Halle delegiert werden. Er war ein hoch talentierter Fußballer und Leichtathlet – besonders in den Wurfdisziplinen – doch er wurde dort nicht genommen. Inge rief aufgebracht in der Schule an. Man sagte ihr, dass sie jährlich nur vier Kinder von Nicht-Arbeitern aufnähmen. Er läge an fünfter Stelle und könne daher nicht berücksichtigt werden. Der Rektor dieser Schule war Wolfgang Lohmann, der in meiner Studienzeit noch Rektor an der DHfK gewesen war. Wütend setzte mich ins Auto und fuhr nach Halle. Lohmann strahlte: „Horst, bist du das wirklich?“ Ich schmunzelte, denn auch diesmal war ich es und fragte ihn vorwurfsvoll: „Warum hast du mich damals eigentlich in der Diplomprüfung nicht durchfallen lassen?“ Er schaute mich fragend an: „Wie meinst du denn das?“ „Tja, vor dem Studium war ich all die Jahre Arbeiter gewesen und durch euer Diplom gehöre ich plötzlich zur Intelligenz. Deswegen darf mein Sohn jetzt nicht an eure KJS!“ Mein ehemaliger Rektor schwieg einen Moment und murmelte dann: „Die Vorschriften mit der Arbeiterklasse mache ich doch nicht!“ Im nächsten Jahr wurde Klaus an der Sportschule zugelassen.

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Obwohl ich während meiner Studienzeit nie der allerbeste in einem Prüfungsfach gewesen war – sogar im Schwimmen gab es zwei Jungs die schneller kraulten – sorgte Klaus Jahre später dafür, dass ich dort immerhin einen Rekord aufstellte. Er war der erste Nachkömmling eines Absolventen, der ebenfalls an der DHfK studierte. Wie auf meinen Sohn Volker, der im Leipziger Interhotel arbeitete, war ich sehr stolz auf ihn und Dr. Schingnitz hob auf unseren Jubiläumstreffen immer sein großes sportliches Potential hervor. Allerdings bescheinigte mir unser ehemaliger Lehrer Franke auch, dass mein Kind „ja noch viel fauler sei als ich.“

Für eine Sportecho-Reportage schaute ich später einmal selbst beim Training des Übungsverbandes der DHfK zur Vorbereitung auf das Turn- und Sportfest in Leipzig vorbei. Mein damaliger Mitkommilitone Erich Bunzel war dort mittlerweile als Sportlehrer tätig und leitete das Geschehen von einem hohen Gerüst aus. Irgendeinen Reporter hätte Erich wohl nicht auf seinen Kommandoturm gelassen, aber ich durfte. Bei einem Übungsteil mussten zehn bis zwölf Studenten eines von mehreren riesigen Trampolinen auf die Wiese schleppen und oben wurden dann halsbrecherische Salti gesprungen.

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Die jeweiligen Träger saßen nun im Schneidersitz zu beiden Seiten der Geräte. Erich reichte mir ein Fernglas und rief mir grinsend zu: „Damit du mal siehst, auf was für verrückte Einfälle dein Junior so kommt.“ In der Mitte unter einem der Trampoline saß tatsächlich mein Sprössling mit zwei anderen Kumpels. Während über ihnen die Turner auf der Gummimatte Kopf und Kragen riskierten, spielten die drei in aller Seelenruhe Skat. Das hätten wir uns früher mit Sicherheit nicht getraut. Natürlich habe ich darüber in meiner Reportage kein Wort verloren und hoffte gleichzeitig, dass sie das bei der offiziellen Aufführung nicht machen würden…

Zum Weiterlesen Buch: „Alles ganz simpel“
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Hier gehts zum ersten Teil der Leseprobe (Theorie an der DHfK) und hier zum zweiten Teil (Praxis an der DHfK).