König der Berge
Ich kenne ihn, doch er kennt mich nicht. Wir wuchsen in derselben Zeit auf und sind auch fast im gleichen Alter. Er ist ein Star, und ich bin ein Nichts. Das kommt öfter vor – nicht nur bei mir. In diesem speziellen Fall aber ist die Sache noch etwas anders – komplexer, tragischer, vielleicht rührend. In unserer frühen Jugend sind wir uns das erste Mal begegnet.

Meine Mutter ist eine sehr ängstliche Frau. Ich weiß nicht mehr, wie oft wir an der Ostsee im knietiefen Wasser zurückgebrüllt wurden, wie viele Male sie uns belehrte, nur bei Grün über die Straße zu gehen, und wie glücklich sie war, wenn wir ohne „Loch im Kopf“ in unserem Roll-Bettchen lagen und schliefen. Radfahren gehörte somit ihrer Meinung nach zu den Extremsportarten.

Es ist eine meiner unangenehmsten Kindheitserinnerungen, dass ich erst mit 13 Jahren heimlich übte, mit so einem Drahtesel nicht auf die Schnauze zu fallen. An den Schmerz und die zwei Wochen lang blau gefärbten Hoden, die ich mir beim Absteigen von der Fahrradstange meines neuen Herrenrennrades zugezogen habe, kann ich mich noch heute erinnern.

Etwa zu dieser Zeit zog ein junges Kerlchen in meinem Alter von Rostock nach Berlin. Er hatte sich in meinem neuen Lieblingssport schon in jungen Jahren mit besonderen Leistungen hervorgetan. Bereits mit neun Jahren gewann er sein erstes Schulrennen und ein Jahr darauf – mit geliehenem Rad und in normalen Turnschuhen – einen offiziellen Wettkampf. Er galt schnell als das ganz große Radsporttalent und fuhr allen seinen Altersgenossen davon. Der Kleine hieß Jan Ullrich…“

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